Dienstag, 10. März 2015

4. Brief. Der Plan: Sattelschulter von unten. (WIP: Hahnentritt)

Liebe Frau Zimmermann,
es ist so weit!
Ich bin jetzt mit allen drei Einzelteilen unter den Armen angekommen.
Der Körper hat inzwischen großzügige 16 Musterreihen, das sind 128 Runden und ca 47 cm Länge.
Die Ärmel haben 14 Musterreihen, das sind 112 Runden und ca. 43 cm Länge, wobei sich das Bündchen aufkrempeln und um weitere 5 cm verlängern lässt.

Sicherheitshalber habe ich in der letzten Runde überall Sicherheitsleinen eingestrickt (ich bevorzuge dafür einfaches Plastik-Geschenkband, weil es formstabil ist und nicht fusselt - es macht das Sichern und ggf. Abstricken der Maschen sehr einfach). AÄrmeln beidseitig der "Naht" und an den (nicht existierenden) Seitennähten habe ich eweils 16 Unterarmmaschen stillgelegt.

Ich habe mich dafür entschieden, eine etwas modifizierte Sattelschulter  nach EZ aber anders zu stricken, wie sie Ann Kingstone in ihrem Buch "Stranded Knits" beschrieben hat. Das Buch besitze ich zwar nicht, aber Carol Feller von Stolenstitches.com hat eine Rezension mit Interview, in dem sie das Prinzip beschreibt. Ich versuche mich hier einmal an einer gekürzten, etwas freien Übersetzung (Hervorhebungen von mir):


"Die Grundzüge von Elizabeth Zimmermann's Konstruktionsmethode sind folgendermaßen: Man arbeitet den Körper und die Ärmel vom Bund bis unter die Achseln. Hier werden sie für das Joch zu einem Stück zusammengefügt, und dann wird in jeder Runde an jeder "Kontaktstelle" eine Körpermasche abgenommen (-4/Runde), bis der Körperumfang der Schulterbreite entspricht. Als nächstes werden in jeder Runde die Ärmelmaschen verringert, bis man nur noch 8% der ursprünglichen Körpermaschen hat (=Sattelmaschen). Jetzt werden endlich (wieder) die Körpermaschen über 10 Runden abgenommen. Im letzten Schritt werden die Schultern einzeln geformt, indem in Hin-und Rückreihen über die Schultern Körpermaschen verringert werden, bis nur noch die Sattelmaschen und die Halsausschnittmaschen verbleiben."
(Ich hoffe, Frau Zimmermann, Sie haben nichts dagegen, so verkürzt dargestellt zu werden, aber so läuft es nun mal. Die Methode wird allgemein als elegant und einfach gepriesen. Mehreren Menschen, auch mir, ist aber aufgefallen, dass es dabei gleich zu Beginn unter den Armen zu kleinen Beulen kommen kann, und manchmal würde man ja auch gerne die Jochtiefe etwas anpassen können... Deshalb hat Ann Kingstone Ihre Methode folgendermaßen angepasst:)
[...] "Ann hat in der Unterarmregion normale Raglan-Abnahmen gearbeitet, erst in jeder Runde, dann in jeder zweiten Runde. Dann hat sie die Armkugelabnahmen erst in jeder, dann in jeder zweiten Runde gearbeitet. Zuletzt arbeitet sie die Sattelschulter, aber statt die Schultern separat fertig zu stricken, arbeitet sie in Hin-und Rückreihen innerhalb der gesamten Runde.
In Ann's Worten: 'Elizabeth Zimmermann's Sattel-Methode (die von unten gestrickt wird) werden Körper und Sattelschultern für die halbe Schulterbreite zusammengestrickt, so dass die Abnahmen die Körpermaschen "auffressen". Auf diese Weise wird der Körper mit jeder Reihe länger, sodass die Schulter schräg nach oben verläuft. Für die zweite Hälfte der Schulter wird jede Schulter separat gearbeitet, wobei immer noch Körpermaschen "gegessen" werden, aber ohne weitere Brust- oder Rückenmaschen. Daher verläuft die zweite Hälfte der Schulter flach, ohne Aufwärtsschrägung. In einer von unten gearbeiteten Schulter nach der "contiguous"-Methode werden die Körpermaschen durchgehend in jeder Runde gestrickt, wobei durchgehend Körpermaschen abgenommen werden. Jede Reihe für die Schulter entspricht einer Körperreihe. Dies führt zu sehr hohen Schultern, mit einer viel stärkeren Schrägung als Pullover mit eingesetzten Ärmeln normalerweise haben. Meine Methode führt dazu, dass jede Reihe für den Körper drei Reihen für die Schulter entspricht, sodass beim Stricken der Schultern viel weniger Reihen zum Körper hinzugefügt werden. Nachdem man den Sattel gearbeitet hat, wendet man und strickt links zurück über den Sattel, dann wendet man wieder und strickt ihn nochmal bevor man mit den Körpermaschen weiterstrickt. Die Abnahmen "fressen" eine Körpermasche am Anfang und am Ende der ersten Passage über den Sattel, und am Ende der nächsten beiden Passagen. So "frisst" jede vollständige Runde (inklusive 6 Schulterreihen - 3 an jeder Schulter) 8 Körpermaschen. Dadurch entsteht eine eher dem Standard entsprechende Schulterschrägung als bei den Methoden von sowohl Elizabeth Zimmermann oder der Contiguous-Methode. Die Schrägung verläuft sanfter, aber über die gesamte Schulterbreite. Ich habe es einen "Hybrid" genannt, weil es den Sattel nutzt (wie EZ), aber eine kontinuierliche Schrägung (wie die Contiguous Methode).'"
http://www.stolenstitches.com/2013/10/strandedknits/
 Um sicher zu gehen, dass ich das alles richtig verstanden habe, habe ich mir ein paar Skizzen gemacht.
1. Raglan (von unten oder oben) - in jeder Runde werden sowohl Ärmel als auch Körpermaschen verringert und so gleichmäßig pro Abnahmerunde 8 Maschen vermindert. Die Raglannaht verläuft daher gleichmäßig schräg. Für einen höheren Nacken kann man mit verkürzten Reihen über den Rückenabschnitt arbeiten. Indem Ann Kingstone mit Raglanabnahmen beginnt, reduziert sie die kleine Beule, die es bei der EZ-Methode manchmal geben kann.
 2. Sattelschulter Elizabeth Zimmermann - wo am Anfang nur Körpermaschen abgenommen werden, beulen die Ärmelmaschen möglicherweise aus. Wenn nur Ärmelmaschen vermindert werden, steigt die "Naht" fast vertikal an, der Sattel steigt erst schräg, dann verläuft er horizontal. Auch hier müssen für einen höheren Nacken am Rücken verkürzte Reihen gestrickt werden.
 3. Ann Kingstones Contiguous Hybrid - versucht das Beste aus den beiden Methoden. Die schnelle Schrägung zu Beginn vermindert Beulen, der Anstieg der Kurve verläuft weniger steil, weil nicht unbedingt in jeder Reihe abgenommen wird - so lässt sich bei bestimmten Maschenproben auch Höhe gewinnen. Zuletzt wird die Schulter leicht geschrägt, indem zusätzlich zu den verkürzten Schulterreihen noch Körperreihen Höhe hinzufügen.

 Diese letzte Methode ähnelt im Übrigen meines Erachtens auch der im letzten Beitrag angesprochenen Methode von Tichiro, außer dass sie mit den verkürzten Reihen sozusagen früher beginnt und den Abschluss der Armkugel nicht als Sattelmaschen weiterführt.

Und natürlich kann man mit dem Stricken von "halben Runden" auch gleich den Nacken etwas heben. Zwar muss ich so auch einige Musterreihen in Hin-und Rückreihen stricken  - aber bedeutend weniger als mit anderen Methoden. Ich glaube, das wird gut.

Mein Plan ist es allerdings, einen Sattel von 10 Maschen (= 1 Mustersatz plus Randmaschen) zu stricken - das ist etwas schmaler als Ihre 8% (=16 Maschen), Frau Zimmermann, aber ich glaube, ich kann die zusätzliche Höhe gebrauchen.
Wie hoch soll denn der Abstand sein, vom Armloch bis zur Schulter? Ich mach da ja tendenziell zu wenig, also zu enge Armlöcher - das ist dann unbequem.
Wahrscheinlich muss ich dazu erst noch eine Tabelle machen. Das kann also noch etwas dauern.
Bis dahin herzliche Grüße, halten Sie mir die Daumen!
Ihre Projektmanagerin
PS: Da der Blog das Stricken inzwischen eingeholt hat, geht es jetzt wieder langsamer voran...