Wenn ich im sogenannten "Sommer" das Gefühl habe, auf einer Veranstaltung zu erscheinen, bei der mein bester Freund viele "gut ausgezogene Frauen" vermutet, nehme ich in der Regel einen breiten Schal mit. Der Volksmund nennt solche Schals oft "Pashmina", was aber streng genommen irreführend ist. Es handelt sich dann einfach um extra breite, meist farbenfrohe Schals. Andere Frauen drapieren diese Schals irgendwie dekorativ um die Schultern, bei mir sieht das selten so nachlässig schick aus, aber was solls. Dafür habe ich meinen zweitbesten Lieblingsschal neulich aus versehen in die normale 40°C-Wäsche getan.
Die Flecken sind jetzt alle raus, und das Loch in der Mitte, wo ich mal an einem Nagel hängengeblieben bin, ist kaum noch sichtbar, aber in Länge und Breite haben sich die Dimensionen doch ziemlich geändert. Leider habe auch ich meine Dimension in Länge und v. a. Breite geändert, seit der Schal vor gut 15 Jahren in meinen Besitz kam, und so muss ein neues Stück her, das mich tatsächlich einhüllen kann. Und dabei doch dekorativ aussieht. Und dabeit weder romantisch-mädchenhaft noch ommamäßig wirkt.
Ein Tuch! Ich stricke mir ein Tuch!
Aber bei diesen Lacetüchern ist es ja wirklich eine Krux ein Muster zu finden, dass nicht nur schön zu stricken sondern auch schön zu tragen ist.
Meine Wahl fiel schließlich auf "Miss Dashwood" von Paulina Popiolek. Die Form ist tief gerundet - dreieckig ist sicher praktisch, wirkt mir aber zu altmodisch.
Es gibt eine schöne breite Borte, bei der man sich intellektuell austoben kann, und an die später ein einfaches aber effektvolles Lochmuster angestrickt wird. Das ganze wirkt handfest genug für mich und Miss Dashwoods einfaches Leben in einem Cottage auf dem Lande, und doch gerade elegant genug, um ihrem Stand - und meinen festlichen Anlässen - angemessen zu sein. (Ich bin sicher, dass Miss Elinor Dahswood gemeint ist - die vernünftigere der beiden Schwestern. Marianne hätte mehr Spitze und Blumen gebraucht...)
Die Anleitung ist auf englisch und enthält sowohl die schriftliche Anleitung für die 16 Musterreihen, also auch eine grafische Strickschrift. Das kommt mir sehr entgegen, denn zu Anfang war ich dankbar für das ausführliche Aufdröseln. Nach ungefähr 4 Mustersätzen konnte ich zum Chart wechseln und die Symbole sofort in Anweisungen übertragen. Noch einmal 4-5 Mustersätze später konnte ich dann auch endlich die Symbole gruppieren und den fünf Bestandteilen der Borte zuordnen.
Von rechts nach links: ein Gitterstreifen, an den später der Rest des Schals angestrickt wird. Ein falscher Kettenzopf aus verschränkten Maschen. Das eigentliche Blattmuster, bei dem ich die Bobbel weggelassen habe -soviel Textur braucht es nicht. Noch einmal der verschränkte Zopf, und eine Zackenkante als untere Abschlusskante des Schals.
Nun ist alles eine Sache des Rhythmus, und ich kann weite Teile des Musters auswendig stricken - nicht vollständig, aber doch so, dass ich nur ab und zu aufs Chart gucken muss. Seither geht es viel schneller. Und macht auch deutlich mehr Spaß!