Aber natürlich stricke ich auch, denn Nähmaschinen machen Krach und man kann nur bedingt gemütlich mit ihr abends auf dem Sofa sitzen und Tatort gucken.
Daher ist nun für die Nichte in Spanien ein Shellseeker fertig geworden.
Die Nichte lebt ganzjährig am Strand und surft. Zumindest wirkt das so, wenn mein Bruder im Januar das jährliche Jahresrückblicksvideo herumschickt. Die ganze Familie besteht aus begeisterten Wellenreitern, weshalb ein Wohnsitz mit Blick auf die "Concha" von San Sebastian von allen sehr geschätzt wird. Nicht zuletzt von der Verwandtschaft und dem weiträumigen Freundeskreis. Hinterm Haus ist ein Berg zum klettern und kraxeln, auch in die Pyrenäen ist es nicht weit.
Ein bequemer, sweatshirt-ähnlicher Pullover wie der Shellseeker kommt da gerade recht.
Außerdem hat er eine coole Bauchtasche. Und Streifen, wobei die Eltern der Meinung waren, grau sei möglicherweise schmutzresistenter als weiß... obwohl es ja eher unbunt ist. Ein bißchen regnerisch vielleicht? Auf jeden Fall wirken die Farben "atlantisch" - also wie ein wolkiger Tag am Nordmeer. (Ich war bisher nur im Winter dort.) Insofern passt das vielleicht ganz gut.
Das Muster:
Heidi Kirrmaiers Shellseeker ist ein so bekanntes Muster, dass die meisten Ravelry-Mitglieder es kennen dürften. Er wird als Raglan von oben gestrickt, ohne Halsbündchen, dafür mit einer geschickt konstruierten und gleich mitgestrickten Känguruh-Bauchtasche, die genauso simpel wie genial ist.
Hinten ist er ein paar Reihen länger als vorne.
Die Anleitung ist auf englisch und mit ungefähr 8 USD (ca. 7,20 EUR) recht teuer. Dafür ist sie idiotensicher. Da ich diesen Pullover mindestens zweimal stricken werde (zwei Nichten!) lohnt sich der Preis meines Erachtens schon. Ich gebe für unnützere Sachen mehr Geld aus.
Technik:
Simpel simpel simpel. Der ganze Pullover ist glatt rechts in Runden gestrickt. D.h. außer rechten und linken Maschen sowie rechts- und linksgerichteten Zu- bzw. Abnahmen muss man nur zählen können. Und lesen hilft natürlich immer.
Ich hatte mir die Mähe gemacht, einen jogless-stripe zu versuchen, aber dadurch hat sich leider die Seitennaht etwas gehoben - offenbar habe ich beim Farbwechsel die Garne zu fest miteinander verschränkt und angezogen. Hmm. Wäre wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen. Oder Hebemaschen für falsche Seitennähte? hmmmmmm.
Die Wolle:
Nachdem ich die fairalpaka SOCKS leider nicht für den Neffenpullover einsetzen konnte, schien das Garn mir für den Nichtenpullover nun ideal. Einziger Nachteil - die Socks ist auch doppelt genommen noch dünner als die in der Anleitung geforderten "Worsteds" - aber noch dicker wollte ich mit Alpaka nicht werden. Am Atlantik kann es zwar sehr frisch, im Winter auch richtig kalt werden, aber meine Nichte gehört zu diesen aktiven Kindern die dauernd in Bewegung sind - man kann also alles auch übertreiben. Oder ein Shirt drunterziehen. Ich musste also umrechnen und kam nach einigen Fehlstarts darauf, der Anleitung für Größe M für die Maschenzahl/Weite und für Größe XL für die Länge zu folgen - das ergibt dann eine XS, die für eine Zehnjährige hoffentlich eine Weile reicht. Dank des regelmäßigen 2x2 Streifenmusters war das ziemlich einfach und kam gut hin. Allerdings würde ich beim nächsten Pullover (der schon angeschlagen ist) lieber eine Nadelstärke hochgehen, denn so gerne ich ein festes Gestrick mag, etwas lockerer darf es schon sein.
Das Garn ist übrigens fantastisch - warm und weich und knotenfrei. Mein neues Standard-Alpaka-Garn.
Änderungen:
Maschen und Reihenzahl wie oben beschrieben um für das dünnere Garn zu adaptieren. Dazu musste ich nur den Yoke zweimal stricken, dann von der Tasche komplett zurückribbeln und alles neu machen, und einen Ärmel zweimal stricken. Dabei habe ich vergessen, ersteinmal den Ärmel 8 cm geradeausszustricken, bevor die Abnahmen (jede 8. Reihe) beginnen, und musste das unten dranstricken. Sieht etwas seltsam aus, wird aber hoffentlich passen.
Insgesamt bin ich mit Anleitung und Umsetzung sehr sehr zufrieden und hoffe, die Nichte freut sich. (Wir fahren nämlich über Pfingsten hin, dann kann ich persönlich die Übergabe beobachten - obwohl die in Spanien in den nächsten 4 Monaten wahrscheinlich keine Pullover angucken werden... Ich muss ganz dringend noch zwei Sommerkleider nähen!)
Allerdings frage ich mich immer noch, ob mir der rollende Kragenausschnitt so gefällt - vielleicht doch besser ein Bündchen? oder eine I-Cord? Memo: blaue Wolle einpacken für spontane Änderungen vor Ort.
Die harten
Fakten:
Shellseeker
von Heidi Kirrmaier
angefangen: 22. April (Datum des kompletten Neustarts)
fertiggestellt:14. Mai
verbraucht: 443 g, davon ca. 230 in blau und ca. 210 in grau
Größe/Maße: XS (Ärmellänge 42 cm, Länge 55 cm)
Nadeln: 3mm, 2,75mm für Bündchen, 3,5 mm für Ärmel, 4,5 mm zum Abketten.
Maschenprobe: 23Mx36R (gewaschen)
weiteres
Material:
Stopfnadel/dicke Sticknadel zum Vernähen
Kosten:ca. 30 Euro Wolle und 7 Euro Anleitung.
Und der Ravelry-Projekt-Link.